Das Konzept der in sich geschlossenen nationalen ethnisch abgrenzbaren Kulturen kann angesichts von Globalisierung und Auflösung von Nationalstaaten nicht mehr aufrechterhalten werden. Das Verständnis von Kunst und Kulturen muss hier wie anderen Orts neu definiert werden. Die Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen und Orten hat in Folge der enormen Informationsflüsse und Mobilität längst ihre Selbstverständlichkeit verloren. Die starren kulturellen Grenzen werden diffus und durchlässig.
Insbesondere in den Metropolen bestimmen Individuen oder Gemeinschaften ihre Identität nicht mehr durch ethnische Kriterien, sondern unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft. Kulturelle Identität ist nicht mehr das Statische, der Konsens einer Mehrheitsgesellschaft, die Integration betreibt. Kulturelle Identität ist der Austausch zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Entwürfen, die gleichberechtigt nebeneinander stehen, fusionieren oder sich abgrenzen. Kulturelle Identität ist ein dynamischer Prozess der Neubestimmung von Kunst und Gesellschaft, ein experimentelles Feld in Bewegung.
Notwendig ist eine Neubesinnung auf das immense Potenzial, das durch die Präsenz der verschiedenen Kulturen in Deutschland vorhanden ist.
Eine Perspektive ist die der Migranten, also von Persönlichkeiten, die in ihrer Biographie kulturelle Vielfalt erfahren haben und aus ihr heraus zeitgenössische Sprachen entwickeln, die weder nur der deutschen oder einer anderenKultur verpflichtet sind. Sie schöpfen aus verschiedenen Bezügen und definieren in ihrer Freiheit jenseits nationaler Verstrickung neue urbane Kulturen.
*Kultur* umfasst fast alle Komponenten der menschlichen Existenz.
So gesehen ist Kultur alles und nichts zugleich. Doch ist Kultur nicht nur ein amorpher Begriff, sondern auch ein Politikum. Minderheiten werden aktuell nicht nur aufgrund ihrer Haar- und Hautfarbe, sondern auch noch wegen ihrer kulturellen „Fremdheit“ diskriminiert.
Der *künstlerische Akt* ist immer eine Befreiung von Kultur und zugleich die Neuschaffung der Kultur. Das Entwachsen aus zwei und mehr Kulturen ist ein dynamischer, kreativer und bereichernder Prozess.
*Warum quer?*
Weil wir glauben, dass Menschen in aller Welt mehr Gemeinsamkeiten haben als Differenzen. Keine Kultur kann in der Zeit der Globalisierung homogen bleiben. Wer heute Kulturen als autonome Inseln begreift, liegt nicht nur faktisch falsch, sondern sperrt Menschen in ihrer kulturellen „Andersheit“ ein. Mit kultureller Ghettoisierung haben vor allem junge nichtdeutsche Kunst- und Kulturschaffende zu kämpfen. Die Kinder von Migranten haben jedoch längst begonnen, sich der auf Lebenszeit bescheinigten Identitätskrisen zu entledigen und entwachsen dem kulturellen Ghetto. Diesen Prozess will KulturQuer QuerKultur Rhein-Neckar e.V. künstlerisch, politisch, institutionell und finanziell fördern.